er Willen
Franzosen und Deutsche sollten beim Fußball erbitterte Gegner sein. Doch die Nachbarn begegnen sich mit Zuneigung, Feinde werden woanders gesucht
Es ist im November genau einhundert Jahre her, dass sich in einem Salon-wagen auf einer Lichtung unweit des französischen Compiögne Vertreter des Deutschen Kaiserreichs und der franzö-sisch-britischen Entente trafen, um dort den Ersten Weltkrieg zu beenden. Der Federstrich unter den Waffenstillstand, der die Niederlage des Kaiserreichs be-siegelte, wirkte auf den ersten Blick wie der Schlussakt einer langen und erbit-terten Feindschaft zwischen den beiden Nachbarn im Herzen Europas, die insbe-sondere für die deutsche Seite lange zur Staatsraison gehörte. Der Deutsch-Fran-zösische Krieg 1870/71 und der entschei-dende Sieg bei Sedan waren Grundstein der Reichsgründung gewesen, der Sedan-Tag am 2. September war seit 1871 ein offizieller Gedenktag. In Compiögne waren nun Großmachtträume auf die Realität getroffen, zu gigantisch war das blutige und sinnlose Gemetzel auf den belgischen und französischen Schlacht-feldern gewesen, als dass sich nicht jeder Gedanke an einen neuen Krieg verboten hätte. Doch der Waffenstillstand von 1918 sollte Jahrzehnte später eine makabre Wiederaufführung erleben. Nach dem Überfall auf Frankreich 1940 ließ Adolf Hitler den Salonwagen flugs aus einem Museum zurück nach Compiögne bringen, um dort nun den geschlagenen Franzosen seinerseits die Bedingungen eines Waffenstillstands zu diktieren. Und das große Schlachten ging da erst los.
Text Philipp Köster
Es ist eine der großen zivilisatorischen Leistungen beider Gesellschaften, dieses Verhältnis voller Hass und Vorurteile und Rivalität ins Gegenteil verkehrt zu haben. Heute ist, die temporären Verstimmun-gen einmal beiseite, das ständige Zusam-menwirken beider Länder maßgeblich dafür verantwortlich, dass Europa seit dem Zweiten Weltkrieg zu einem Konti-nent zusammengewachsen ist, dass es heute ein europäisches Bewusstsein gibt. Und es kann keinen Zweifel daran geben, dass auch der Fußball seinen Teil dazu beigetragen hat. Es hat sich nämlich in den letzten fünfzig Jahren ein deutsch-französisches Verhältnis entwickelt, das man sehr besonders nennen kann. Es ist deutlich weniger von Rivalität und mehr von Anerkennung geprägt, als das bei benachbarten Fußballnationen zu erwarten wäre. Natürlich war es vor allem das Bestreben beider Länder, nach den Ver-wüstungen des Zweiten Weltkriegs ein friedliches Verhältnis zum Nachbarn aufzubauen. Eine ordentliche Fußball-feindschaft, wie sie lange Jahre etwa mit den Niederlanden gepflegt wurde, mit revanchistischem Geplapper und Ausschreitungen auf den Rängen, hätte dieses Bestreben auf gesellschaftlichem Feld konterkariert. Da war aber vielleicht auch die Erkenntnis, dass sich beide Fußballkulturen in ihren Ausdrucks-formen weder besonders ähnlich sind, wie etwa die deutsche und die englische, noch sich auf weithin sichtbare Weise unterscheiden, wie die deutsche und die italienische, was ebenfalls keine gute Voraussetzung für eine erbitterte Rivalität ist. Ohne Brüche und Kanten und Gegensätze fehlt die notwendige Reibungsfläche. Und da war schließlich durch die Jahrzehnte die Anomalie, dass Deutschland nicht allzu oft in Spielen auf Frankreich traf, die geeignet waren, die Emotionen richtig überschwappen zu lassen. Bei der WM 1958 schlug Frank-reich Deutschland im bedeutungslosen
Spiel um Platz drei mit 6:3, was nur in Erinnerung blieb, weil Just Fontaine sich mit vier Toren in diesem Spiel und 13 Treffern insgesamt zum erfolgreichsten Turnierschützen schoss. Danach gingen sich die beiden Teams ziemlich erfolg-reich aus dem Weg. Nicht umsonst wird immer wieder aus purer Not auf die legendäre Nacht von Sevilla 1982 zurückgegriffen, um die vermeintliche Rivalität zwischen beiden Ländern zu beschreiben - in Er-mangelung anderer epischer Duelle und großer Skandale. Dabei steht eigentlich ein anderes Spiel in vielfältiger Weise stellvertretend für das Verhältnis der beiden Fußballnationen, nämlich das Duell im Viertelfinale der WM 2014 in der mittäglichen Gluthitze des Maracana. Deutschland gewann am Ende 1:0 durch einen Kopfball von Mats Hummels, in Erinnerung des sehr taktischen Spiels blieb vor allem jener Moment, als Keeper Manuel Neuer wie ein gut programmier-ter Roboter stoisch seinen Arm ausfuhr und so einen Schuss von Karim Benzema aus wenigen Metern parierte. Es waren neunzig Minuten voller frankodeutscher Klischees: eine spielerisch überlegene französische Mannschaft, eine perfekt organisierte deutsche Truppe und am Ende ein knapper Sieg der Effizienz. Als Neuer seinen Schuss abgewehrt hatte, fing die Kamera Benzemas Gesicht in Großaufnahme ein. Der Stürmer lachte resigniert. Er wird dabei sicher nicht an die Länderspielgeschichte gedacht haben, und trotzdem wiederholte sich da gerade auf penetrante Art und Weise die Historie. Denn die Franzosen waren ja nicht nur 1982 an Deutschland geschei-tert, sondern bei der WM 1986 noch ein-mal, wieder im Halbfinale, und abermals hatte die besser organisierte über die spielfreudigere Mannschaft triumphiert. Ein fußballerischer Dauerfluch, der sich durch die Jahrzehnte fortpflanzte und letztlich erst 2016 ein Ende fand, als Frankreich im EM-Halbfinale ein Vexier-
25 11 FREUNDE
Franzosen gelten in deutschen Stadien von jeher erst mal als sympathisch
bild der bisherigen Duelle aufführte und mit Disziplin und schnellen Kontern gegen die spielfreudigere deutsche Elf ge-wann - eine reichlich verdrehte Fußball-welt im Stade Wlodrome in Marseille. Angesichts der eher spärlichen Duelle der Nationalteams waren es aber ohnehin die Klubmannschaften und die Legionäre, die das fußballerische Bild des jeweils anderen Landes nachhaltig prägten und bisweilen auch gängige Vor-urteile verfestigten. So sprach es Bände, dass als erster Franzose in der Bundes-liga ein durchaus lebenslustiger Profi beim VfB Stuttgart anheuerte. Gilbert Gress, der sein Debüt in der Nationalelf hatte verschieben müssen, weil er sich weigerte, sein wallendes Haupthaar auf militärische Kürze zu stutzen, bestätigte das hierzulande ebenso neidvolle wie ängstlich kolportierte Klischee vom fidelen Franzosen, von dem die Sage ging, er habe exklusiv für sich einen trai-ningsfreien Montag ausgehandelt, der ihm regelmäßige Besuche in der Heimat ermöglichte. Dass er zudem nicht auf den Mund gefallen war und Brillen mit getönten Gläsern trug, zementierte seinen Exotenstatus in einer ansonsten noch kreuzbraven und erdenschweren deutschen Kickergilde. Die Exzentrik des Gilbert Gress war fortan die Blaupause für französische Profis in der Bundesliga. Wer diszipli-niert und bieder seinen Dienst auf dem Rasen verrichtete, wurde schnell ver-gessen. Stürmer G&.ard Hausser etwa, den sein alter Trainer Paul Frantz zur Saison 1967/68 nach Karlsruhe geholt hatte, und der nach einem frustrieren-den Jahr zurück nach Frankreich ging. In nennenswerter Zahl heuerten jedoch erst sehr viel später französische Profis in Deutschland an, ganz so, als hätte es besonderer Überredung gebraucht,
26 11 FREUNDE
um die Rheinseite zu wechseln. Dann aber ging es richtig los, auch weil der FC Bayern sein Herz für die Franzosen entdeckte und sich dabei auch nicht von Jean-Pierre Papin abschrecken ließ, der 1994 für die damals sehr stattliche Sum-me von 5,5 Millionen D-Mark vom AC Mailand geholt worden war und am Ende nur noch genervt raunzte: „Isch will hier weg!" Wie anders kam da Bixente Lizarazu daher. Der gedrungene Baske hatte 1997 bei den Bayern angeheuert und so gar nicht dem leichtlebigen Image des Franzosen entsprechen wollen. Im Training scheuerte er dem Platzhirsch Lothar Matthäus eine, weil der sich allzu arrogant gegenüber den jungen Spielern gebärdete, und gab auch ansonsten einen derart knochentrockenen und hu-morlosen Verteidiger, dass man ihn fast für einen deutschen Abwehrmann ge-halten hätte. Dass Lizarazu in München eine beeindruckende Karriere hinlegte, war dann auch genügend Ermutigung für andere französische Kicker wie Willy Sagnol, der mit Lizarazu über Jahre eine verlässliche Verteidigerzange bei den Bayern bildete und maßgeblich dazu beitrug, 2001 endlich die Champions League zu gewinnen. Dass sich das Duo obendrein erfreulich offen für bayrische Eigenarten wie das Schafkopfen erwies, sorgte dafür, dass vielen Bayern-Fans bis heute beim Gedanken an die Franzosen ein wenig die Augen feucht werden. Spä-ter kamen dann weitere Spieler aus dem Nachbarland wie etwa Weltmeister Youri Djorkaeff nach Deutschland, der sein Engagement in Kaiserslautern allerdings auch vom eher kreativen Umgang mit steuerlichen Verpflichtungen abhängig gemacht hatte. Dann natürlich der noch viele Jahre später in Bremen hymnisch verehrte Regisseur und Weinkenner Johan Micoud, und schließlich Franck Rib&y, der mit seinen acht Meistertiteln zum erfolgreichsten Franzosen in der Geschichte der Bundesliga avancierte. Anders herum funktionierte der fußballkulturelle Austausch auch. In den ausgehenden Achtziger hatte sich näm-lich endlich herumgesprochen, dass Pro-fis auch in der französischen Liga nicht in Pastisflaschen ausbezahlt werden. Pierre
Littbarski wechselte zum Racing Club de Paris, Karlheinz Förster und Klaus Allofs zogen das Trikot von Olympique Marseille über und posierten gutgelaunt auf Yachtstegen am Mittelmeer. Manni Kaltz tingelte im späten Spätherbst über Bordeaux nach Mulhouse, und in den Neunzigern füllten auch die Weltmeister Rudi Völler und Jürgen Klinsmann im sonnigen Süden Frankreichs schon mal die Rentenkasse auf. Was hier wie dort auffiel, war die stets freundliche Aufnahme der Kicker im jeweiligen Gastland. Statt des üblichen Grundmisstrauens, das gerade in deut-schen Stadien auswärtigen Kickern ent-gegenschlug, galten französische Importe immer erst mal als grundsympathisch, weil sie eine grundsolide Berufsauffas-sung mit jener Leichtigkeit kombinierten, die einheimischen Kickern oft abging. Und dieser Vertrauensvorschuss hat sich bis heute erhalten. Das liegt einerseits daran, dass sich junge Franzo-sen wie der WM-Durchstarter Benjamin Pavard, Bayerns Corentin Tolisso oder auch Schalkes Benjamin Stambouli als hervorragend ausgebildet und überaus hilfreich erweisen, wenn es darum geht, mit der Bundesliga international Schritt zu halten. Andererseits ist es aber auch die spezielle deutsch-französische Fuß-ballfreundschaft, die sich da immer und sehr beharrlich wieder erneuert. Diese Freundschaft führt nicht dazu, dass die Freude allzu groß ist, wenn ein EM-Halb-finale gegen die Equipe Tricolore ver-lorengeht. Aber sie trägt ihren kleinen Teil dazu bei, dass im Herzen Europas zwei Nationen friedlich und kamerad-schaftlich miteinander umgehen. Und das ist hundert Jahre nach dem Treffen im Wald von Compigne eine wunder-bare Nachricht.
Diese Ausgabe ist in Zusammenarbeit mit den Kollegen des befreundeten Maga-zins SO FOOT aus Paris entstanden. Wie 11 FREUNDE engagiert sich auch SO FOOT für eine lebendige, vielfältige, kreative Fußballkultur, in Frankreich und über alle Grenzen hinweg. Wir bedanken uns für die wunderbare und vielfältige Zu-sammenarbeit bei den Pariser Freunden.
Fotos: Witters, imago
Michel Platini, Karl-Heinz Rumme-nigge, Sie beide wurden 1955 geboren, zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Wie stellte sich für Sie das deutsch-französische Verhältnis in Ihrer Jugend dar? Platini: Bei uns hat der Krieg nie eine Rolle gespielt, was daran liegen mag, dass meine Familie aus Italien stammt. Obwohl meine Großeltern dort geboren wurden, haben meine Eltern zu Hause nur Französisch gesprochen und es wurde bewusst oder unbewusst keine politische Haltung zu einem anderen Land oder zum Krieg eingenommen. Rummenigge: Bei uns im ostwestfäli-schen Lippstadt war es ähnlich. Die Men-schen waren froh, dass die Weltkriege vorüber waren. Ich hatte den Eindruck, dass die Deutschen sich schuldig fühlten und sich freuten, als Kanzler Adenauer in Frankreich von Regierungschef de Gaulle empfangen wurde. Wie war die Atmosphäre, wenn deut-sche und französische Mannschaften aufeinandertrafen? KHR: Kam darauf an, wo wir spielten. Ich erinnere mich an ein Länderspiel in Hannover 1980, wo es keine Rolle spielte, dass wir gegen Frankreich antraten. 1977 spielten wir in Paris, wo schon eine be-sondere Spannung herrschte, die wohl auch mit der Vergangenheit zu tun hatte. MP: Ich glaube, diese Atmosphäre hatte weniger mit der Vergangenheit zu tun, als damit, dass wir dem deutschen Fußball mit Respekt begegneten. Was kümmerte uns der Krieg? KHR: Vielleicht hatten wir auch nur das Gefühl, aufgrund des beschriebenen Schuldempfindens. Welche französischen Fußballer waren Stars in Ihrer Jugend? KHR: Ich kann mich an keinen erinnern. Für Just Fontaine, der bei der WM 1958 Torschützenkönig wurde, war ich zu jung. Und der nächste Franzose, der wie-der Weltniveau erreichte, war Michel. MP: Fußball in den sechziger und sieb-ziger Jahren war ein Desaster in Frank-reich. Im Europacup hatte unsere Mann-schaft beinahe ein Abo darauf, stets in der ersten Runde auszuscheiden. Welche deutschen Spieler taugten für Sie zum Vorbild, Michel Platini? MP: Ich liebte die Elf, die 1972 den EM-Titel gewann: Günter Netzer, Wolfgang Overath, Franz Beckenbauer. Wann haben Sie sich das erste Mal ge-troffen? Bei einem Jugendturnier? MP: Ich habe nie in einer Jugendnational-elf gespielt ...
40 11 FREUNDE
KHR: ... ich auch nicht. Vermutlich trafen wir uns bei einem Länderspiel. MP: Das System war damals ganz anders. Heute würden Scouts uns im Alter von 12, 13 Jahren entdecken. Damals konnten wir uns glücklich schätzen, wenn wir mit 17, 18 von irgendwo ein Angebot bekamen. Hatten Sie mal eins aus Deutschland? MP: Borussia Mönchengladbach hat mir einen Vertrag angeboten. Waren Sie zu Verhandlungen dort? MP: Machen Sie Witze? Ich war mit 17 Jahren doch viel zu schmächtig für die deutsche Liga. Damals bekam ich auch ein Angebot vom FC Valencia, dessen Trainer Alfredo Di Stefano war. Habe ich auch abgelehnt. Demnach standen Sie sich erstmals 1977 beim Länderspiel in Paris gegenüber. Endstand: 1:0 für Frankreich. KHR: Ach richtig, das letzte Länderspiel von Franz Beckenbauer. MP: Damals gab es einen Streik beim französischen Fernsehen. Olivier Rouyer, dem in diesem Match ein großartiger Treffer gegen Sepp Maier gelang, war ziemlich sauer. Denn das Spiel wurde nicht live übertragen - und niemand be-kam etwas mit. Hatten Sie schon voneinander gehört? MP: Bei uns wurden sonntags oft Zu-
„Fußball als Krieg? Unsinn! Wir dürfen Fußball nicht so aufladen”
sammenfassungen aus der Bundesliga ge-zeigt, die bekanntlich am Samstag spielte. Deswegen wusste ich ganz gut, was da los ist und was Kalle so macht. Und welchen Eindruck hatten Sie? MP: Ich ahnte, wenn ich gegen den ir-gendwann im Halbfinale einer WM spie-len muss, wird's schwer für uns. (Lacht.) Hatte der Sieg 1977, der erste gegen ein DFB-Team seit der WM 1958, eine be-sondere Bedeutung? MP: Ach was. Auf einen Sieg gegen Italien mussten wir mehr als sechzig Jahre war-ten! Aber natürlich war dieses Spiel ein
Zeichen, dass es nach tristen Jahren für unseren Fußball aufwärtsgeht. Schließ-lich war unser Fußball durch die Erfolge der AS Saint-Etienne Mitte der Siebziger wieder zum Leben erweckt worden. Saint-Etienne unterlag dem FC Bayern mit dem jungen Karl-Heinz Rumme-nigge im Finale um den Europacup der Landesmeister 1976 nur knapp. KHR: Irgendwann versenkt „Bulle" Roth einen Freistoß, Sepp Maier hat uns da wie so oft den Hintern gerettet. Eigent-lich hätte Saint-Etienne mit ein, zwei Toren Unterschied gewinnen müssen. MP: Bis zu diesem Zeitpunkt können Sie den deutschen und französischen Fuß-ball nicht vergleichen. Deutschland hatte, seit es 1954 Weltmeister wurde, an jedem großen Turnier teilgenommen und viele wichtige Finals gespielt. So eine Tradi-tion gab es bei uns nicht. KHR: Ich glaube, alles, was den französi-schen Fußball heute ausmacht, fußt auf der Mannschaft, die Michel bei der WM 1982 anführte. Da hatten sie mit Tigana, Giresse und Michel das beste Mittelfeld der Welt, die Abwehr wurde von Marius Trsor zusammengehalten, einem Bär von Verteidiger. Das Einzige, was ihnen damals fehlte, war ein großer Stürmer ... MP: ... und ein Schiedsrichter, der auf unserer Seite war. (Lacht.) Das WM-Halbfinale 1982 zwischen Deutschland und Frankreich wurde überschattet von Toni Schumachers Foul an Patrick Battiston. Medien er-kannten in der Aktion des Keepers den hässlichen, brutalen Deutschen. Ein Motiv aus längst vergangenen Zeiten. MP: Es liegt in der Natur von Journa-listen, derartige Vergleiche anzustel-len. Wir Spieler haben nie so gedacht. Natürlich war es überhaupt nicht gut, wie sich Schumacher an dem Abend verhielt. Weder in dem Moment, als er Battiston verletzte, noch nach Abpfiff. Er kam nicht, um sich zu entschuldigen, ging mit der Situation sehr arrogant um. Das macht dieses Spiel so problematisch. Sonst wäre es einfach als großartiges Match in die Geschichte eingegangen. Haben Sie eine Erklärung für Schuma-chers Verhalten? MP: Es lag in seiner Spielweise, den Gegner sehr körperbetont und aggressiv anzugehen. KHR: Toni war komisch drauf an dem Abend. Ich erinnere mich, wie wir nach dem Spiel in der Kabine feierten. Er saß ganz allein in der Ecke. Ich sagte zu ihm: „Komm, Toni, wir gehen rüber und ent-schuldigen uns. Wir müssen doch wissen
Michel Platini, 63, gewann 1984 mit Frank-reich die Euro, 1985 mit Juve den Landes-meistercup und war von 2007 bis 2015 UEFA-Präsident.
was mit dem Spieler los ist." Es schien mir eine wichtige Geste zu sein. Aber? KHR: Toni war an diesem Abend in sei-ner eigenen Welt. Er antwortete: „Es geht nicht, ich kann das nicht tun." In seinem Buch „Anpfiff" begründet er seine Aggressionen auch damit, dass er mit Ephedrin gedopt war. KHR: Ich habe sein Buch nie gelesen, aber Toni war ein spezieller Typ. In den Ligaspielen gegen den 1. FC Köln bin ich Zweikämpfen mit ihm auch stets aus dem Weg gegangen. Sie kamen in Sevilla erst in der siebten Minute der Verlängerung ins Spiel. KHR: Ich hatte eine Muskelverhärtung im Oberschenkel. Als Michels Team immer stärker wurde, bat ich unseren Masseur Erich Deuser mir Eis zu geben. Vom Ersatzkeeper lieh ich mir einen Handschuh, wickelte das Eis darin ein und begann, den Oberschenkel zu massieren. Dann fiel in der Verlängerung das 2:1 und Trainer Derwall fragte, ob ich spielen könne. Ich sagte: „Ich weiß nicht, ob es schlau ist, aber das müssen Sie entscheiden!" Kaum war ich auf dem Rasen, fiel das 3:1 für die Franzosen. Und
ich dachte: „Vielleicht wäre ich besser auf der Bank sitzengeblieben ..." MP: ... das wäre definitiv besser gewesen. (Beide lachen.) KHR: Aber mir gelang postwendend der Anschlusstreffer. Und als ich zurück zum Anstoßkreis lief, sah ich in den Gesich-tern der Franzosen, dass sich etwas ver-ändert hatte. Da war etwas wie ... Angst. MP: Wir hatten keine Angst. Aber wir konnten nicht mehr auswechseln. Wir hatten Genghini gegen Battiston ausge-tauscht und der lag nun im Krankenhaus. Die Deutschen brachten erst spät im Spiel Hrubesch und Kalle aufs Feld - die beiden besten Stürmer in Europa zu dieser Zeit. Und die preschten jetzt auf uns zu, gemeinsam mit Littbarski und Fischer. Bei uns standen diesen Spielern Tigana und Giresse gegenüber, die 60 Kilo wogen. Ich beorderte Janvion zu Hrubesch, Lopez zu Rummenigge. Aber es half nichts. Uns fehlte die Erfahrung, um mit der Situation clever umzugehen. „Mon dieu, Rümmenisch..." KHR: ... soll angeblich Präsident Mitter-rand gerufen haben, als er hörte, dass ich eingewechselt werde. Ich weiß nicht, ob es stimmt.
MP: Das Bild, auf dem sich Mitterrand und Kohl in Verdun die Hände reichen, war sehr wichtig für das Verhältnis unse-rer Länder. KHR: Viel wichtiger als alle Fußballspie-le zwischen unseren Teams. Was halten Sie von der Theorie, Fußball sei heute die Fortführung kriegerischer Auseinandersetzungen mit anderen Mitteln. MP: Fußball als Krieg? Das ist Unsinn. KHR: Absoluter Unsinn. Wir dürfen Fuß-ball nicht so aufladen. Es ist und bleibt ein Spiel - das Spiel, das wir als Kinder auf dem Bolzplatz gespielt haben. Die heutigen Profis sind doch keine Fein-de, die kennen sich alle sehr gut, sind teilweise befreundet, weil sie sich in der Champions League ständig treffen. MP: Im Übrigen sind für uns Franzo-sen traditionell die Engländer die viel größeren Rivalen auf dem Rasen, so wie für euch lange Zeit die Niederländer die größten Widersacher waren. KHR: Dennoch muss euch Sevilla lange im Gedächtnis geblieben sein: Als ich Jahre später mal einen Spaziergang auf den Champs-Alyse'es machte, erkannten mich einige Passanten. Und weißt du, was sie riefen? Nicht etwa meinen Na-men, sie sagten nur: „Quatre-vingt-deux!" MP: So alt siehst du gar nicht aus, Kalle! Michel Platini, Sie haben mal gesagt, dass es kein Spiel gebe, das Ihnen mehr gegeben habe als Sevilla 1982. MP: Weil die Bandbreite der Emotionen so groß war. Als Fußballer erleben Sie Siege und Niederlagen, aber 120 Minuten und ein Elfmeterschießen, das Sie durch so unterschiedliche Gefühlswelten trägt, erlebt ein Spieler nur sehr selten. Natür-lich war Sevilla für Millionen Franzosen ein Trauma - für mich aber war es eine unvergessliche Nacht, an deren Ende der Glücklichere gewann. Außerdem brachte mich das Spiel zu der Erkenntnis, dass wir endlich wieder eine große Mann-schaft haben. Es war ein Erweckungs-erlebnis des französischen Fußballs. Ohne dieses Spiel wären wir zwei Jahre später nicht Europameister geworden. Welchen Platz nimmt das Spiel in Ihrer Karriere ein, Karl-Heinz Rummenigge? KHR: Vielleicht waren es die besten 23 Minuten, die ich in meiner Laufbahn gespielt habe. Und: Es war ein Wende-punkt! Danach führte die FIFA flächen-deckend eine K.o.-Runde bei der WM ein, es war das Ende der zweiten Gruppen-phase. Die Weltmeisterschaft in Spanien war bis dato nicht besonders hochklas-sig, aber nach dem Match sagte jeder:
41 11 FREUNDE
Das wollen wir sehen. Ein historisches Spiel, so wie das „Jahrhundertspiel" 1970 zwischen Deutschland und Italien. Jeder Profi möchte in seiner Karriere Teil eines solchen Matches sein. Alain Giresse sagt, er kann die „Nacht von Sevilla" nur bis zum 3:1 anschauen. Schauen Sie sich noch alte Spiele an? MP: Nein. KHR: Ich schaue gern Niederlagen an. MP: Er kann das sagen, er hat ja nicht so viele große Spiele verloren. (Lacht.) KHR: Niederlagen sind zwar bitter, aber sie bringen einen Fußballer zurück auf den Boden - und sie gehören zu die-sem Spiel dazu. Jedes Jahr im Sommer schaue ich mir in meinem Ferienhaus die Niederlage des FC Bayern im „Finale da-hoam" 2012 an - und jedes Mal entdecke ich neue Aspekte. Das klingt jetzt aber sehr rational. KHR: Und ich erinnere mich, wie Pierre Littbarski nach dem Finale 1982 gegen Italien weinend in der Kabine saß und ich zu ihm sagte: „Litti, hör auf zu heulen, es bringt nichts. Du musst akzeptieren, dass wir heute keine Chance hatten." MP: Auch weil ihr nach dem Halbfinale erst um sechs Uhr morgens im Bett wart.
Karl-Heinz Rummenigge, 63, Präsident des FC Bayern, wurde zweifa-cher Vizewelt-meister 1982 und '86 sowie Europameister im Jahr 1980.
KHR: Nach dem Elfmeterschießen gegen Frankreich war bei unserem Flugzeug ein technisches Problem aufgetreten. Wir konnten erst um vier Uhr morgens nach Madrid zurückfliegen. Als ich dort gegen sechs Uhr eingeschlafen war, wurde ich gleich wieder von Lärm geweckt. Direkt unter meinem Fenster im ersten Stock gab Schumacher eine Pressekonferenz. Und als ich hörte, was er erzählte, dachte ich nur: „Oh, Toni, lass es bleiben ..." MP: In der Nacht hat er bestimmt kein Auge zugemacht. Sie haben den Fußball nach der aktiven Laufbahn auch auf offizieller Ebene geprägt: Karl-Heinz Rummenigge ab 2008 neun Jahre lang als Chef der European Club Association und Michel Platini seit 2007 als UEFA-Präsident. MP: Und wir haben uns in diesen Funk-tionen gut ergänzt. Weil ich denke, dass bei unseren Entscheidungen stets im Vordergrund stand, was dem Fußball hilft und ihn voran bringt. Meinen Sie Fußball als Spiel oder Fuß-ball als Geschäft? KHR: Nur wenn die Qualität des Pro-dukts stimmt, nützt es auch dem Geschäft. Und da befinden wir uns
momentan in einigen Bereichen auf dem falschen Weg. Was meinen Sie? KHR: Es kann nicht sein, dass wir Dinge einführen, die geschäftlich attraktiv er-scheinen, aber das Produkt verwässern. Schauen Sie sich die Euro an. Als Deutsch-land 1972 den Titel gewann, nahmen vier Teams am Turnier teil. Als ich 1980 die EM holte, waren es acht. Inzwischen tre-ten 24 Mannschaften dort an - und wenn es so weitergeht, bekommen demnächst alle 55 europäischen UEFA-Mitgliedsver-bände einen Startplatz. MP: Das größte Problem ist, dass Vereine immer mehr Geld benötigen, um sich die besten Spieler leisten zu können. Da liegt das Kernproblem. Beim Bosman-Urteil ging es eigentlich darum, dass ein Spieler, dessen Vertrag ausläuft, in der Wahl sei-nes Arbeitgebers und -ortes frei ist. Die negative Begleiterscheinung des Urteils aber war, dass die Profis nun grenz-überschreitend frei zirkulieren und sich reiche Vereine theoretisch die elf besten Spieler der Welt als Team zusammen-kaufen können. Das ist schlecht! Denn so steigt die Berechenbarkeit des Spiels. Deswegen war es stets mein Anliegen als UEFA-Präsident, allen Vereinen die Chance zurückzugeben, die Champions League zu gewinnen. Das ist nicht ein-fach, aber es muss unser Ziel sein. Sonst? MP: Werden die Leute irgendwann nicht mehr zum Fußball gehen, weil sie schon ahnen, wer gewinnt. KHR: Die europäische Politik hat uns hier einen Bärendienst erwiesen. Als Michel versuchte, Financial Fairplay einzufüh-ren, waren wir oft in Brüssel, um uns für Salary Caps einzusetzen. Aber der Euro-päische Gerichtshof wollte nicht verste-hen, wie das Bosman-Urteil die Fußball-welt verändert hat und dass Spieler längst irrational hoch bezahlt werden. Dennoch plädieren Sie für die Einfüh-rung der europäischen Superliga. KHR: Stimmt nicht! Die Idee zur Grün-dung einer solchen Liga stammt von eini-gen Klubvertretern aus Südeuropa. Wir hatten noch vor zwei Jahren ein Meeting in Barcelona, bei dem ich irgendwann in die Runde fragte: „Gentlemen, glauben Sie wirklich, die Menschen da draußen warten sehnsüchtig auf diese Superliga?" Alle blickten mich mit großen Augen an. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass so ein Projekt alle nationalen Ligen beschädigen würde. Denn alle würden von heute auf morgen nur noch zweitklassig sein. Aber viele Vereine verfolgen zu sehr ihre wirt-
43 11 FREUNDE
schaftlichen Eigeninteressen. Wie Michel schon sagte, es ist wichtig, dass wir das Spiel im Fokus behalten.
Sie meinen also, es wird am Ende nichts mit der Superliga?
KHR: Ich vermute, dass diese Liga eines Tages kommen wird. Aber fragen Sie mich nicht, wann. Ich bin froh, dass die Gründung nicht mehr in meine Ver- antwortung als Chef der ECA fällt. Bei meiner Abschiedsfeier 2017 habe ich zu Herrn Ceferin und zu Herrn Infantino ge- sagt, dass wir einen gesunden Mittelweg unter den Vereinen brauchen - aber auch genug Geld für die Topklubs, denn sie sind der Motor des gesamten Fußballs. Michel Platini, was sagt Ihr Bauchge- fühl zur Superliga?
MP: Mein Bauchgefühl sagt: Ich habe Hunger! (Lacht.)
KHR: Michel, wir haben eine gute Küche im Haus.
MP: Wir brauchen keine private, ge- schlossene Liga, mal ganz davon abgese- hen, dass die europäischen Gesetze eine private Liga bislang nicht zulassen. Wir brauchen mehr Chancengleichheit unter den Vereinen. Denn wir haben bereits das Problem in allen großen Ligen, dass nach spätestens fünf Spieltagen überall dieselben Vereine dominieren, die seit Jahren oben stehen. Fans verstehen das nicht mehr. Es wird ein Problem werden. Das heißt?
MP: Ich weiß nicht, ob es die FIFA oder die UEFA in einigen Jahren in der bisheri- gen Form noch gibt.
KHR: Die Klubs sind heute viel besser gemanagt als vor zehn oder zwanzig Jahren - und sie werden noch deutlich an Bedeutung und Einfluss hinzugewinnen. MP: Bedenken Sie, dass der UEFA-Prä- sident bislang nicht von den Vereinen, sondern von den Nationalverbänden gewählt wird.
KHR: Ein Rückzug aus der UEFA würde bedeuten, den Frieden in der Fußballfa- milie zu beschädigen. Und Loyalität und Harmonie in dieser Familie haben bislang immer noch dazu geführt, dass wir ge- meinsame Lösungen gefunden haben. Michel Platini, sind die Deutschen der Schatten, der über Ihrer aktiven Lauf- bahn liegt? Sie unterlagen in zwei WM- Halbfinals und 1983 auch im Landes- meistercup-Endspiel gegen den HSV. MP: Aber ich habe das EM-Finale 1984 gegen Spanien gewonnen und ein Jahr später gegen Liverpool den Europapokal. Und wir haben den HSV mit Saint-Étienne im Volksparkstadion 1980 mit 5:0 besiegt. Der Punkt geht an Sie.
MP: Verloren habe ich nicht gegen die Deutschen, sondern gegen sehr gute Mannschaften. Und ich habe ein wesent- lich größeres Problem mit deutschen Politikern als mit deutschen Fußballern. Denn deutsche Politiker haben dafür gesorgt, dass ich aktuell nicht im Fußball sein darf. (Lacht.)
Dennoch tut die Halbfinalniederlage bei der WM 1986 bis heute weh. MP: Wenn Sie ein Spiel verlieren, das Sie nicht verlieren müssen, ist oft der Schiedsrichter schuld. So war es 1986. Bei dieser WM hatten wir es verdient, ins Finale zu kommen. Wir hatten Italien und Brasilien besiegt, aber im Halbfinale hatten wir einen schlechten Tag. Schicksal.
MP: Wir Franzosen konnten damals ein Spiel nur gewinnen, wenn wir wirklich, wirklich gut spielten. Die Deutschen mussten nicht zwingend gut sein, um am Ende zu gewinnen. Das war das Problem meiner Generation.
Sie hadern aber schon ein bisschen. MP: Bei Turnieren geht es nur um den Pokal. Es sind Zufälle, die entscheiden. Wenn der Referee 1982 Schumacher vom Platz gestellt hätte, wäre das Spiel anders verlaufen. Und 1986 habe ich ein Tor zum Ausgleich geschossen, aber
„Ich weiß nicht, ob es
Dabei beteuerte Teamchef Franz Be- ckenbauer mehrfach, dass er gar nicht verstehen könne, wie der DFB-Kader 1986 so weit kommen konnte. KHR: Franz war wirklich lustig. Ich war damals Kapitän, und er kam abends öfter zum Reden auf mein Zimmer. Vor dem Viertelfinale gegen Mexiko sagte er: „Wenn wir uns da gut verkaufen und ausscheiden - kein Problem." Und wir besiegten Mexiko in einem schwachen Spiel im Elfmeterschießen. Vor dem Match gegen Frankreich sagte er: „Mit der Mannschaft ins Halbfinale - mehr geht nicht! Unter normalen Umständen haben wir gegen die Franzosen keine Chance!" Aber das Spiel lief von Beginn an in unsere Richtung.
War Frankreich im WM-Halbfinale 2018 gegen Belgien so was wie die Deutschen der Achtziger: hässliche Gewinner? KHR: Es gibt keine hässlichen Sieger. Wer gewinnt, hat es auch verdient zu gewinnen.
MP: Unser heutiges Team ist sehr kom- plett. Eine Folge der Entwicklung, die wir in den Achtzigern angestoßen haben. KHR: Belgien war gut, aber Frankreich war besser. Wenn Sie jeden einzelnen Spieler vergleichen, hatte Frankreich die Nase um fünf Prozent vorn. Und das macht in diesen Spielen den Unterschied. MP: Deutschland ist seit 1954 in der Lage, auf der großen Bühne Spiele zu gewin- nen. Frankreich seit 1982. Und Belgien eben erst seit acht oder zehn Jahren. Letzte Frage: Inwieweit erkennen Sie
FIFA und UEFA noch den aktiven Spieler wieder, wenn noch lange geben wird"
der österreichische Linienrichter - kein Deutscher, aber ein halber - entschied auf Abseits. Das sind Momente, die bei Spielen zwischen großen Teams ent- scheiden.
Kurz vor Ende des Halbfinals 1986 kommen Sie einen Augenblick zu spät, um vor Schumacher den Ball ins Tor zu schieben. Als er vor Ihnen am Boden liegt, deuten Sie an, dass Sie ihm am liebsten einen Tritt versetzen würden. MP: Ich erinnere mich. Ein dumme Aktion! Aber ich war so enttäuscht. Einer dieser Momente, in dem dir bewusst wird: Wie haben alles gegeben, aber es war umsonst, weil sich alles gegen uns verschworen hat. Gegen Deutschland hatte ich dieses Gefühl leider sehr oft.
Sie sich hier jetzt gegenübersitzen? MP: Wir haben unterschiedliche Wege eingeschlagen. Ich wollte nach meiner Zeit als Nationaltrainer nicht mehr in einem Klub arbeiten, ich wollte den politischen Weg einschlagen und Fußball auf anderer Ebene prägen. Das bedeutet, dass ich samstags und sonntags andere Dinge mache als Kalle. Als Bayern gegen Chelsea 2012 das Champions-League-Fi- nal verlor, spielte das Geschehen auf dem Rasen für mich eine untergeordnete Rol- le. Ich hoffte, dass die Veranstaltung gut läuft und sich 80 000 Fans in der Allianz Arena wohlfühlen. Es war keine Frage von Gewinnen oder Verlieren mehr. KHR: Aber im Fußball ist auch nicht im- mer entscheidend, dass man gewinnt. Sondern?
KHR: Dass den Menschen im Gedächtnis bleibt, wie ein Spiel gelaufen ist. MP: Und dass wir uns auch noch in Zu- kunft fragen, wer den Rasen am Ende als Sieger verlässt.
44 11 FREUNDE,